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Email von Herrn Winfried Borowski an die Wgff-l mailing
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für eine interessante Zweit-Heirat meines Urururur suche ich den Text
des Code Napoleon (Code Civil), insbesondere im Titel "Heirat" das Kap. 6.
Im Internet habe ich alles, aber nicht den "Urtext" gefunden. Kann mir jemand
mit einer Internet-Adresse oder sonst einer Quelle weiterhelfen? Antwort:
Ich habe zwar keine Quelle für den Originaltext des Code Napoleon parat,
möchte aber auf eine Besonderheit Aufmerksam machen, welche die praktische Anwendung des C.N. insbesondere für heutige Forscher ziemlich
schwierig
macht.
Es gab große regionale Unterschiede in der Umsetzung und Durchführung
des C.N.in Deutschland zu Beginn des 19.Jh.:
in Belgien und den linksrheinischen Departements, wie z. B. dem Roerdepartement, wurde der C. N. von Anfang an (1807) und weitgehend wie
in Frankreich angewendet.
In den von Frankreich abhängigen Gebieten (Kgr. Westfalen,
Großherzogtümer Berg und Frankfurt) war der C.N. und
die meisten anderen Codes zwar offiziell in Kraft, bereiteten jedoch
große Schwierigkeiten in der Umsetzung und verlangten daher viele
provisorische Zwischenlösungen und spezielle Verordnungen:
im Königreich Westfalen und Großherzogtum Berg hatten z.B. die Pfarrer
wegen des Mangels an geschulten/gebildeten Bürgermeistern, lange noch
das Recht, Urkunden weiter in lateinischer Sprache abzuhalten, mußten
sich aber nach den Vorschriften des 2. Tit. des franz. Personenrechts
richten. Eine Änderung der insgesamt provisorischen Umsetzung des C.N.
und der Regelungen von 1808 ist hier nicht mehr erfolgt!
Rheinbund:
In den Staaten des Rheinbundes kam der C.N. wenn überhaupt, mehr oder
weniger stark modifiziert zur Anwendung (ab etwa 1808).
Z.B. Bayern (eigener Gesetzentwurf!): die Beurkundung des
Personenstand im C.N. sollten weitgehend übernommen werden. Die Register
über Geburten und Todesfälle sollten die dortigen Schulzen führen,
während die Register über Trauungen und Ehescheidungen die Untergerichte
führen sollten (1808).
Der Entwurf kam nicht mehr zur Umsetzung und altbayrische Kräfte setzten
sich durch. Eine Säkularisierung im Sinne des C.N. scheiterte. In Folge
wurde hier nach Vorbild des österreichischen Gesetzes ein neuer Entwurf
eingebracht (1811): Scheidung und Wiederheirat für kathol. Eheleute
wurde nicht zugelassen!
Eine eigene Regelungen gab es in auch Baden (die EheO vom 15.07.1807),
während in Nassau die Pfarrer z. B. "officiers de l'etat
cicvil" (Personenstandsbeamte) waren.
und.. und ... und...
Also ein Riesen-Durcheinander!
Sofern Sie mit dieser Materie nicht bereits vertraut sein sollten,
möchte ich Ihnen das Buch von Werner Schubert: "Französisches Recht in
Deutschland zu Beginn des 19. Jh., Köln Wien, 1977" (Band 24,
Forschungen zur Neueren Rechtsgeschichte) sehr empfehlen (leider
vergriffen). Es geht genau auf diese Unterschiede in der Umsetzung und
im Detail ein und kann Ihnen vielleicht auch bei
spezielleren Fragen weiterhelfen.
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mit freundlichen Grüßen
Winfried Borowski
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