"Jeder, der auch nur ein wenig über
den deutschen "Tellerrand" geschaut hat, hat es bemerkt:
Asiatische und speziell chinesische Marken sind "in". - Der
abgebildete Beleg läßt das Herz eines jeden China-Markenkenners höherschlagen.
Er ist ein Luftpost-Einschreibebrief der nepalesischen Botschaft und wurde
am 24. Januar 1969 nach Hamburg gesandt. Schon die doppelte "Mao-Frankatur"
zu je 52 Fen (Michel Nr. 989) ist beachtlich.
Seinen Ausnahmecharakter erhält dieser Brief jedoch
durch die untere Marke zu 10 Fen. Sie stammt aus der Serie "Unser Großer
Lehrer Mao" (Michel Nr. 990-92). Sie zeigt eine Unterredung zwischen
Mao und dem damaligen Verteidigungsminister Lin Piao.
Zu dieser Zeit ist Lin Piao auf dem Gipfel seiner
Macht. 1959 wird er Verteidigungsminister und setzt eine Linie in der
Armee durch, die durch zwei Züge charakterisiert werden kann: Totale
Betonung des Menschen und Negierung aller Theorie. Er führt auch 1964 in
der Armee das "Rote Buch" ein, das ab 1966 weltbekannt werden
sollte. Er ist eine der treibenden Kräfte der
"Kulturrevolution", die heute in China als das größte Unglück
überhaupt angesehen wird.
Auf dem 9. Parteitag 1969 wird Lin Piao zum
Nachfolger Maos ernannt. Doch ab 1970 regt sich Widerstand gegen seine
Versuche, einen neuen "Großen Sprung" zu inszenieren. Weitere
Umstände führen schließlich dazu, daß er im September 1971 gestürzt
wird und stirbt (die Details und genauen Todesumstände sind bis heute
unklar). Auf dem 10. Parteitag 1973 wird er verdammt und aus der Partei
ausgeschlossen. Aus dem "engsten Kampfgefährten Maos"
(Bezeichnung Lin Piaos im Jahre 1969) ist eine Person geworden, die
"weniger Wert ist als Hundekot" (so wurde Lin Piao im Jahre 1973
entwürdigt).
Im Gefolge des Sturzes von Lin Piao werden auch die
zwei Briefmarken mit seinem Portrait (Michel Nr. 990 und 992) verdammt.
Nach Auskunft von chinesischen Tauschfreunden ist eine Ausfuhr dieser
beiden Marken bis heute verboten. Die Frankatur des vorliegenden Briefes
mit einem Exemplar der Nr. 992 ist daher als selten und unter historischen
Gesichtspunkten als hochinteressant anzusehen.
Thorsten Siemer"
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