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Baptistengemeinde Ihren

Die Gründung der Baptistengemeinde IHREN machte die kleine Ortschaft weit über Ostfriesland hinaus, ja selbst in Amerika, bekannt. Das Baptistentum, auch Täufertum genannt, beginnt im 17.Jahrhundert in Europa. Nach religiösen Gesprächsrunden einiger Bürger aus dem Raum IHREN/Ihrhove mit dem Leeraner Baptisten Christian Bonk und dem Hamburger Baptistenprediger Johann Gerhard Oncken, Gründer des deutschen Baptismus, entschlossen sich neun Personen, diesem Glauben beizutreten und ließen sich am 22. Mai 1846 von dem aus Dänemark stammenden Baptistenprediger Julius Köbner  in einem Teich bei IHREN taufen. Schon einen Tag später, am Sonnabend, dem 23. Mai 1846, gründeten diese neun getauften Personen zusammen mit den Leeranern Christian Bonk und Hinrich Coords die Gemeinde getaufter Christen in IHREN. Die Namen der Gründungsmitglieder folgen. Es sind Namen, die sowohl bei schulischen Angelegenheiten von IHREN, als auch bei der Weideteilung vorkommen, also alles bekannte ortsansässige Familien.

 

Hinderk Geerds Ahrenholtz, Landwirt                                            OSB  Ihrhove Nr.     54  ?

               Hilke Berend Arenholtz

               Beerend Hinderks Amelsbarg, Landwirt                                            OSB  Ihrhove Nr.   104

Zwaantje Koerds Amelsbarg,

                  die zweite Ehefrau von B. H. Amelsbarg                          OSB  Ihrhove Nr.   104

               Hinderk Coords

               Menno ter Haseborg, Landwirt                                                           OSB  Ihrhove Nr. 1679

               Geerd Alberts Roskam, Schuster und Landgebräucher               OSB  Ihrhove Nr. 3632

               Koert Janssen Schmidt, Schustermeister                               OSB  Ihrhove Nr. 3960

               Matthias de Weerdt, Böttchermeister                                OSB  Ihrhove Nr. 4392

               Harmke Berends de Weerdt,

              die zweite Ehefrau von Matthias de Weerdt  

   Im Jahr der Gründung wuchs die Baptisten-Gemeinde IHREN noch wesentlich: Für die kirchlichen Versammlungen stellten Gründungsmitglieder, z. B. das Ehepaar Beerend Hinderk Amelsbarg und Zwaantje Koerds,  ihre Wohnung  zur Verfügung.

    Die Gründung einer solchen, neuen Kirche oder Glaubensgemeinschaft war nicht erlaubt, und so benachrichtigte der Ortsvorsteher Fokken aus IHREN (wahrscheinlich OSB 1107 Rudolf Ewen Fokken) den Landgendarmerieposten in Papenburg (seinerzeit für IHREN zuständig) am 4. Oktober 1846 und setzte damit behördliche Maßnahmen in Gang (StA. Au. Rep. 33, Nr.16). Von der Polizei erfolgte sofort ein Bericht an das Amt Leer (heute Land-ratsamt), in dem hauptsächlich der “Meester Dewert” beschuldigt wurde (der Böttchermeister Mattias de Weerdt ist gemeint), in seinem Haus widerrechtlich an Sonntagen Gottesdienste abzuhalten.

   Von der Amtsverwaltung Leer erging an die Polizeistation schon am 9. Oktober 1846 eine Antwort mit Anweisungen, die u.a. besagten: ... “es ist festgestellt das in letzter Zeit mis-sionirent Gesindel aus Holland sich hier umhertreibt, es sind nach dem Gesetze der Fremdenpolizei und Vagabunden sofort diese Personen festzusetzen”. 

    Nun schritt der Vogt Hövelmann aus Steenfelde ein. Er ließ M. de Weerdt  am 12. Oktober 1846 unter Androhung von 5 rhtl. Strafe, eventuell Gefängnis, zu sich bitten, bzw. nach Leer  kommen. Von diesem Gespräch existiert ein Protocoll, in dem de Weerdt erklärt, daß die Gemeinschaft bereits aus 17 Personen besteht, welche sich von der reformierten Kirche abgelöst habe, sowie etliche andere Informationen. Dies hatte zur Folge, daß der Amtsassessor Meyer aus Leer die Baptistengemeinde am 2. Sonntag danach aufsuchte und anschließend einen Bericht verfaßte:

 .... “nachbenannte Personen werden wegen gemeinschaftlicher Ausübung Gottesdienstlicher Handlungen während des vormittägigem Gottesdienstes” beschuldigt.

    Er fand die Beschuldigten in der Wohnküche des Kupers M. de Weerdt während des vormittäglichen Gottesdienst um 11.00 Uhr beisammen. Es waren anwesend:

 1. M. de Weerdt mit Frau, Schwiegermutter und zwei Kindern von unter 10 und 12 Jahren

2. Gerd A. Roskam

3. Coerd J. Schmidt

4. Berend Amelsberg

5. Menno Haseborg

6. Alb. Roskam aus Ihren

7. Claas Amelsberg aus Ihren

8. Hinr. Ahrenholtz aus Collhusen und

9. Trientje Brandt aus Ihrenerfeld

   Es folgen weitere Ausführungen mit der Schlußbemerkung, daß diese Personen jeden Sonntag zusammenträfen und somit zur Anzeige zu bringen seien. Nun ging es erst richtig los. Es erfolgte eine Auseinandersetzung mit vielen Anweisungen, Protocollen sowie Vorladungen, die in dieser Chronik aufzuzeigen nicht geeignet sind, weil dies zu umfangreich würde.

    Bemerkenswert erscheint, daß nach dem 19. März 1847 erst wieder am 29. Dezember 1847 ein Bericht des Ihrhover Pastoren Varver als Information dem Amte Leer zugesandt wurde. Er teilte mit, daß die Baptisten zu IHREN sich wieder während des öffentlichen Gottesdienstes versammelten, obwohl es ihnen untersagt sei. Dies hatte zur Folge, daß neben der Amtsverwaltung auch wieder die Land-Polizeistation Papenburg aktiv wurde und einen Bericht dem Königlichen Consistorium in Aurich vorgelegte. Am 20. Januar 1848 schickte das Königliche Consistorium Aurich dem Königlichem Amte in Leer einen Brief. Dieser Brief scheint der Schlußpunkt in dieser Auseinandersetzung zu sein, was wohl auch im Sinne von Pastor Varver war. Kurz zusammengefaßt der Inhalt mit dem wohl bemerkenswerten Originalteilstück:

 Wir sind unter Bezugnahme auf die Anzeige des Pastor Varvers damit einverstanden, daß zum förmlichen polizeilichen Einschreiten gegen die Baptisten in Ihren ein hinlänglicher Grund gegenwärtig noch nicht vorhanden ist, wie denn überhaupt die ganze fragliche Angelegenheit ihrer Natur nach mit thunlichster Vorsicht behandelt zu werden verdient.

    Nun folgt noch die Bitte, die Angelegenheit nicht aus den Augen zu verlieren. Auffällig ist jedenfalls, daß Pastor Varver nur einmal in Erscheinung tritt, dazu noch mit einem mäßigenden und toleranten Unterton. Mit diesem Brief war der Bestand der Baptistengemeinde IHREN gesichert.

    Die Baptistengemeinde wuchs sehr rasch. Nach einigen Jahren entschlossen sich die Mitglieder, eine eigene Kirche, d.h. eine Kapelle zu bauen. Das Grundstück, das heutige Kirchengrundstück an dem Kapellenweg in IHREN, 52 Ar groß, wurde 1854 von dem Mitglied Geerd Alberts Roskam, zur Verfügung gestellt bzw. erworben. Der damalige Ortsvorsteher der politischen Gemeinde IHREN versuchte, den Erwerb zu verhindern, was ihm nicht gelang. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Baptistengemeinde schon an die 150 Mitglieder. Um den Bau durchzusetzen, waren etliche Hürden zu überwinden. Die Genehmigung wurde im Jahre 1854 erteilt, so daß der Bau am 25. Februar 1855 fertiggestellt war und an diesem Tag feierlich eingeweiht wurde. Die ersten Prediger der Baptistengemeinde waren Johann Ludwig Hinrich, Johann Peter de Neui (OSB Ihrhove 3212) und Harm Hinderks Willms (OSB Ihrhove 4476). Der Letztere war Landwirt in Ihrhove. 

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