Die Entwicklung des kirchlichen Lebens
von Pfarrer Otto Schepper (1969); ergänzt durch Pfarrer Hermann Eilers
(1981)
(Aus: 150 Jahre St. Bonifatius Rhauderfehn. Festschrift zur
150-Jahrfeier am 1.12.1981. Rhauderfehn 1981. S. 21ff)
Die Geschichte der katholischen Kirchengemeinde Westrhauderfehn und die
Geschichte der evangelischen Gemeinde haben in der Entwicklung Gemeinsamkeiten aufzuweisen. Vor der Reformation ist die katholische,
altehrwürdige Kirche zu Rhaude für beide Kirchengemeinden die Mutterkirche. Der Name des Kirchenpatrons zu Rhaude ist nicht bekannt.
Vielleicht ist St. Bonifatius, der verdienstvolle "Apostel der Deutschen", auch Schutzpatron dieser Mutterkirche gewesen.
Als am 19. April 1769 einige Kaufleute und Mitglieder der
"Rhauderfehn-Compagnie" vom König Friedrich II. von Preußen die
Errichtung eines neuen Fehns in den Ämtern Leer und Stickhausen erwirkt
hatten, wurde für beide Konfessionen die Bildung von festumschriebenen Pfarrgebieten und der Bau von Kirchen beiderseits aktuell. Langwierige
Verhandlungen waren erforderlich, um einen geeigneten Platz für den Bau
einer kath. Kirche zu bestimmen. Nach der Genehmigungsurkunde von 1769
sollte die Kirche möglichst nicht den Dörfern Rhaude, Collinghorst und
Holte zu nahe gelegen. aber auch nicht zu sehr dem Fehn entfernt sein.
Zunächst sollte dafür Grund und Boden auf der Hahnentange in der 1.
Südwieke bereitgestellt werden. Da aber dort der Boden unfruchtbar war
und die Katholiken aus Langholt und Burlage die Kirche nicht zu weit
entfernt wünschten, überließ die Gemeinde Langholt aus Klostergütern das
Gelände, das heute Eigentum der katholischen Kirchengemeinde ist. Da der
Gründungserlaß bestimmte, daß die Kirche auf dem neuen Fehn erbaut
werden müsse, wurde das Gelände zu Westrhauderfehn geschlagen. Daraus
erklärt sich der eigenartige Verlauf der Grenze zwischen Westrhauderfehn
und Langholt, der oftmals zu Verwechslungen führt.
Die Gemeinde Langholt nahm mit Westrhauderfehn einen Geländetausch vor,
so daß nunmehr die Kirche hart am Rande des Westrhauderfehner Gebietes zu liegen kam, gemäß einer Entscheidung, die die Seelsorger von
Esterwegen und Strücklingen treffen sollten. Bislang hatten die
Katholiken die weiten Wege zu diesen beiden Kirchen machen müssen.
Es siedelten sich vor allem im südlichen Teil dieses Gebietes, das zu
den Klosterkammergütern gerechnet wurde, aber auch am neuen Fehn, viele
Katholiken an, die vom Hümmling, von Papenburg, Aschendorf und dem
weiteren Emsland, wie auch aus dem Saterland und Südoldenburg kamen.
Nachdem die Platzfrage geregelt war, wurde im Sommer 1831 das erste
Kirchengebäude errichtet, das am 1. Dezember 1831 eingeweiht wurde. Es
war ein Notbau, der im westlichen zur Landstraße gelegenen Teil die
Kirche und im östlichen Teil unter gleichem Dach das Pfarrhaus barg. Man
konnte noch die Ausmalungen der Räume erkennen, in denen der
Gottesdienst abgehalten worden war. Die letzten Reste dieses Baues
wurden 1967 niedergelegt, um an gleicher Stelle das neue Pfarr- und
Jugendheim zu errichten.
Zum 1. Dezember 1831 wurde der Geistliche Joh. Ignaz Connemann aus
Bremen zum ersten Pfarradministrator ernannt. Sein Seelsorgegebiet war
viel zu ausgedehnt; er hatte alle Katholiken zu betreuen, die südlich
der Leda bis zum Hümmling und Aschendorfer Gebiet, östlich bis zur oldenburgischen Grenze und westlich bis zur holländischen Grenze
wohnten. Von diesem Pfarrgebiet wurden Weener 1843 und Flachsmeer 1852
abgetrennt und schließlich 1920 Neuburlage, um der neuzugründenden
Kuratiegemeinde Bockhorst ein ausreichend großes Gebiet für diese
Gemeinde zu sichern. Es verblieben für die Kirchengemeinde
Westrhauderfehn die Ortschaften, die den heutigen Bestand ausmachen,
nämlich:
Altburlage, Backemoor, Breinermoor, Collinghorst, Glansdorf, Holte, Holterfehn, Holterbarge, Holtermoor, Klostermoor, Langholt,
Ostrhauderfehn, Potshausen. Rhaude, Rhaudermoor, Schatteburg und
Westrhauderfehn.
Zum Nachfolger von Johannes Ignaz Connemann wurde Johannes Brockmann
1840 mit dem Titel Vicecuratus für Rhauderfehn ernannt. Da sich bei der
stets wachsenden Seelenzahl die Kapelle längst als völlig unzureichend
erwiesen hatte, faßte man den Plan, eine neue größere Kirche zu bauen.
Im Grundbuch der Pfarre Rhauderfehn von 1856 schildert der Seelsorger
Johannes Brockmann: Er habe zunächst mit mehreren Kolonisten einen
Probe-Feldbrand von auf Pfarrgründen gegrabenem Ton versucht, der gut
gelungen sei. Darum habe er 1847 drei Kolonisten und zwar Reiner Bollen,
und Hermann Schnieders in Langholt und Heinrich Scheve in Burlage,
zwecks Gewinnung von Ziegelsteinen den Boden vermietet und statt der
Pacht eine jährliche Steinlieferung für die neue Kirche zur Auflage
gemacht.
Die 3 Genannten hätten dann
1. im Jahre 1847 - 10 000 Steine
2. im Jahre 1848 - 20 000 Steine
3. im Jahre 1849 - 20 000 Steine
4. im Jahre 1850 - 3 000 Steine
5. im Jahre 1851 - 3 000 Steine
geliefert und außerdem im Jahre 1852 wiederum noch benötigte Steine und
Dachziegel.
Nachdem nunmehr das benötigte Steinmaterial beschafft und das Bauholz
zum größten Teil gratis zur Verfügung gestellt war, wurde in den Jahren
1852 und 1853 nach dem vom früheren Bauführer Balle aus Aurich
angefertigten Plan und Kostenanschlag die neue Kirche aus größtenteils
hierzu kollektierten Geldern von dem Maurermeister Lukas Möhlen-kamp und
dem Zimmerermeister Bernhard Hensen aus Sögel erbaut.
Am Turm der Kirche befindet sich noch heute die Inschrift:
"Aedes haec trini et unius Dei cultui ad nomen et memoriam St. Bonifatii
E. M. die XXVIII. Sept. A. D. MDCCCLIII ritu catholico consecrata piis
fidelum largitionibus aedificata est in usum communitatis catholicae in
Rhauderfehn-Langholt et Burlage
primo eiusdem communitatis
Pastore Joanne Brockmann"
"Dieses Haus wurde zur Verherrlichung des dreieinigen Gottes auf den
Titel des hl. Bischofs und Blutzeugen Bonifatius am 28. September 1853 nach den Vorschriften der römischkatholischen Kirche konsekriert. Mit
Hilfe großherziger Spenden der Gläubigen in Rhauderfehn-Langholt und Burlage wurde es zum Segen der katholischen Gemeinde durch den ersten
Pastor dieser Gemeinde Johannes Brockmann erbaut."
Der damalige Weihbischof Dr. Karl Anton Lüpke von Osnabrück nahm die
feierliche Konsekration vor. In den Hochaltar wurden die Reliquien der
hl. Jungfrau und Märtyrerin Regina gelegt. Die bisherige Notkirche wurde
zum Ausbau und zur Vergrößerung des Pfarrhauses verwendet. Am
Dreifaltigkeitsfeste 1860 traf ein Blitzstrahl die Kirche, ohne zu
zünden, richtete aber einen Schaden von 300 Talern an.
Im Jahre 1860 wurde wegen der wachsenden Seelenzahl und mit Rücksicht
auf die bereits geschwächte Gesundheit des Pastors Joh. Brockmann, der
seit 1858 auch zum Dechanten von Ostfriesland ernannt war, von der
Gemeinde eine Hauskollekte zum Unterhalt eines 2. Geistlichen bewilligt.
Vikar Bernhard Schmitz aus Sögel war der 1. Vikar in St. Bonifatius.
Damals zählte die Gemeinde schon ca. 1500 Seelen. Im Jahre 1861 wurde
für 1000 Reichstaler eine von Orgelbauer Karl Krämer aus Osnabrück
gelieferte und vom Domorganisten Klein aus Osnabrück für gut befundene
Orgel aufgestellt.
Im Jahre 1862 wurde vom 9. bis 17. November von drei Vätern der
Gesellschaft Jesu aus Münster (mit dem bekannten blinden P. Hucklenbroich) eine Volksmission abgehalten, die großen Anklang gefunden
und deren Predigten nicht nur von den Einheimischen, sondern auch von
Katholiken des Oldenburger Raumes, vom Hümmling und aus dem Emsland, ja
sogar von vielen ev.-luth. Christen besucht wurden. Noch Anfang dieses
Jahrhunderts sprachen ältere Leute mit größter Begeisterung von dieser
Volksmission und besonders von der feierlichen Sakramentenprozession am
Schluß der Mission. Am 4. März 1869 starb Dechant Brockmann. Auf seinem
Grab ließen die Verwandten einen Grabstein mit Inschrift und darüber ein
von da ab als Friedhofskreuz dienendes Kreuz errichten.
Sein Nachfolger wurde Pfarrer Wilhelm Bröker, geboren zu Teglingen
(Pfarre Meppen), der bis dahin Schulvikar und Seelsorger in Hoogstede (Pfarre Emlichheim) gewesen war. Am 24. Mai 1894 feierte er sein
silbernes Orts- und am 14. Februar 1903 sein goldenes Priesterjubiläum. Er starb plötzlich in der Nacht des 14. April 1905.
Bald darauf wurde der bisherige Primisar von Sondermühlen, Wilhelm
Middendorf aus Heede, zum Pastor von Westrhauderfehn ernannt, der am 24.
Mai 1905 sein Amt antrat. Seinen Bemühungen gelang es endlich, die
Erhebung der Gemeinde zu einer staatlichen Pfarre durchzusetzen. Diese
erfolgte am 1. April 1906; Pastor Middendorf wurde zum ersten Pfarrer
ernannt.
In demselben Jahre 1906 konnte durch Spenden und mit Hilfe des
Bo-nifatiusvereins die für 2300 Seelen bestimmte, ursprünglich aber für 1800 Seelen erbaute Kirche durch ein Kreuzschiff und ein neues Chor
erweitert werden. Am 15. Juni wurde dieselbe vom Hochwürdigsten Bischof
Dr. Hubertus Voß konsekriert. In den Altar wurden die Reliquien des hl.
Leopardus und Micinus gelegt. Im Jahre 1907 ließ Pfarrer Middendorf die
Fenster im Kirchenschiff erneuern.
Vom 10. bis 17. November des Jahres hielten zwei Franziskanerpatres eine
Volksmission, die durch die erfreuliche Teilnahme der Gläubigen guten
Erfolg hatte.
Am 14. Juli 1927 verstarb Pfarrer Wilh. Middendorf nach halbjährigem
schweren Leiden. Neben seinen beiden Vorgängern Joh. Brockmann und Wilh.
Bröker fand er vor dem Friedhofskreuz seine letzte Ruhestätte.
Am 19. Oktober 1927 wurde der zum Pfarrer ernannte Pastor Hermann Lüken
aus Gr.-Stavern, bisher Vikar in Holte, Nachfolger des verstorbenen
Pfarrers Middendorf. Er wirkte als eifriger Seelsorger. Viele
Hausbesuche waren seiner Seelsorge eigen. Er nahm teil an den Sorgen und
Nöten eines jeden, besonders während der furchtbaren Kriegsjahre von 1939 bis 1945. In den Jahren der Nachkriegszeit bedachte er viele
Familien und Alleinstehende mit sogenannten Care-Paketen der Caritas.
Vom 21. September bis 2. Oktober 1949 ließ er eine Gemeindemission von
den Redemtoristenpatres Georg Bremer, Anton Kronz und Martin Bolke
durchführen. Eine Erneuerung des Glaubens fand im wahrsten Sinne des
Wortes statt. Viele ältere Gemeindemitglieder sprechen noch oft und gern
von Dechant Lüken, der von 1942 bis 1956 Dechant des Dekanates
Ostfriesland war. Im Juni 1956 ging er in den Ruhestand nach
Rastdorf/Hümmling und lebte dort bis zu seinem Todestag, dem 1. Juni
1959. Seine Ruhestätte fand er auf dem von ihm im Jahre 1931 neu
angelegten Friedhof.
Im Juli 1956 kam Pfarrer Conrad Brinkmann aus Wanne-Eikel, bisher Pastor
in Lähden/Hümmling, in die St. Bonifatius-Gemeinde. Liturgische
Erneuerung und Seelsorge an der Jugend lagen ihm sehr am Herzen. Eine
große Schutzmantelmadonna wurde von ihm für die Gemeinde gekauft. Auch
ein neues Pfarrhaus ließ er bauen mit Hilfe des Bischöfl. Generalvika-riates. Am 17. Juni 1962 ereilte ihn nach einer
Erstkommunionfeier durch einen Herzinfarkt der plötzliche und
unerwartete Tod. Seine Ruhestätte ist neben Dechant Lüken auf dem alten
Friedhofsteil.
Im Oktober 1962 wurde Pastor Otto Schepper als Pfarrer in sein Amt
eingeführt, der bisher in Lähden als Pastor tätig war. Seiner seelsorgl. Tätigkeit ist die Erweiterung des Friedhofes, der Bau eines Pfarr- und
Jugendheimes mit dem von ihm selbst angefertigten Mosaikbild vom hl.
Bonifatius und die Planung einer Friedhofskapelle zu verdanken. Als
erfahrener Kunstverständiger ließ er in der Kirche wertvolle Kunstwerke (Vesperbild "die schmerzhafte Mutter" und ein zweites Vesperbild
"Darstellung der Hl. Familie auf dem Weg nach Jerusalem") aufstellen.
Die Renovierung der Kirche erfolgte 1969 nach den neuen liturgischen
Bestimmungen des II. Vatikanischen Konzils. Der bisherige Mittelgang
wurde durch zwei Seitengänge wegen der zweckmäßigen Kommunionordnung
ersetzt. Ein neuer Altar, die Gestaltung des Chorraumes, und das
wuchtige Kreuz als Mittelpunkt über dem Tabernakel sind seiner Idee und
Initiative zu verdanken. Am 25.10.1970 verstarb Pfr. Schepper. Seine
Ruhestätte ist in Eggermühlen bei Ankum. wo er zuvor 17 Jahre
segensreich gewirkt hatte.
Nachfolger von Pfarrer Schepper ist Pfarrer Günter Teuber, der im Januar
1971 in sein Amt eingeführt wurde. Der Bau der Friedhofskapelle, die
Anschaffung der drei neuen Glocken und die Installation der Turmuhr
sowie das Erstellen der 14 Kreuzwegstationen, die Pflasterung der Friedhofswege und der Parkplätze, die Anschaffung des neuen Tabernakels.
der Bau des Kindergartens St. Michael und die Vorbereitung zur Anschaffung einer neuen Orgel, fielen in die Zeit seiner Arbeit neben
der pastoralen Tätigkeit in der Gemeinde St. Bonifatius. Zum 1.10. 1975 wurde Pfarrer G. Teuber nach Vörden/b. Osnabrück versetzt.
Zum Nachfolger ernannte der Bischof von Osnabrück Pfarrer Hermann Eilers, der seit dem 11.1.1976 Seelsorger in der Gemeinde ist. Die
Eröffnung des Kindergartens (1976); eine geräumige Friedhofserweiterung
mit den gärtnerischen Anlagen und der gepflasterten Zuwegung zur
Dechant-Lüken-Straße und Adolf-Kolping-Straße als Prozessionsweg neben
dem Friedhof (1976/77), die unter anderem durch unseren Hausmeister und Friedhofswärter Johannes Meiners vorbildlich gepflegt und in Ordnung
gehalten werden; die Installation der neuen Orgel (1977) und die
gründliche Renovierung der Pfarrkirche (1979/80) waren Aufgaben des
Pastors in sachlichem Einvernehmen mit dem Kirchenvorstand.
Im Dezember 1979 hielten die Oblaten-Missionare E. Knaak und A. Wenzel
aus Gelsenkirchen eine vierzehntägige Gemeindemission zur Vorbereitung
der Priesterweihe und Primiz von Hermann Krallmann aus Burlage. Er wurde
bisher als einziger in der Geschichte der Gemeinde St. Bonifatius zum
Priester geweiht (2. 2.1980) und feierte am 10. 2.1980 seine
Heimatprimiz in St. Bonifatius. Es ist zu erwarten, dass ihm weitere
Priesteramtskandidaten folgen werden.
Weihbischof
Kettmann, assistiert von Diakon Heinz Hörnschemeyer und Pfarrer Hermann Eilers,
bei der Einmauerung der Reliquien in das Altargrab nach der Renouvierung der
Kirche am 29.11.1979. [ Fotos von der St. Bonifations-Kirche (Inneres) ] [ Die Entwicklung des kirchlichen Lebens von Pfarrer Otto Schepper ] [ Dienstjubiläum ] [ Zitat ] [ Die Kirchstraße ] |