Home ] Einleitung ] Napoleon ] Die französische Besatzungszeit am Beispiel einiger Familien ] Das Jahres 1800 ] Ostfriesische Namensgebung ] Militaerpflicht ] Buchtipp ]


 

Friesische Namen . . .
Von Bernhard Brons jun.
 Emden 1877.
Reprint 1984
S. 120ff

Die erste Einwirkung des Staates auf die Namengebung in Ostfriesland fand durch die französische Präfectur im Jahre 1811 statt. Die Napoleonische Regierung, die alles schematisierte und registrierte, stand hier dem grade entgegengesetzten Extreme gegenüber: französisch-lateinische und germanische Eigenthümlichkeit trafen sich in ihrer ganzen Schroffheit.

Die römische Kirche hatte diese Abneigung gegen nationale Namen von Anfang an in hohem Grade. Schon Chrysostomus schalt die Christen, dass sie ihre Kinder nach Eltern und Grosseltern nennten; diese alltäglichen Namen, meinte er, seien nichts für dieselben, es sei besser, sie nach Heiligen zu nennen, deren Namen sie an diejenigen Tugenden erinnern würden, deren Vorbilder diese gewesen seien. Seine Ansicht wurde bald die geltende in der römischen Kirche; diese gab bei der Taufe dem Kinde stets einen Heiligennamen und schrieb den in ihre Register. So sind viele germanische Namen vom europäischen Boden verdrängt und lateinische römischer Heiligen an ihre Stelle gesetzt.

Manche Stämme indessen, und ihnen voran die Friesen, widersetzten sich dieser Zumuthung mit Zähigkeit. Die Friesen waren noch von der Art ihres grossen Radbod, der lieber bei seinen Vorfahren in der Hölle als bei den Christen im Himmel sein wollte. Die Kirche ihrerseits hielt zähe an ihrem Grundsatze fest, indem sie gleichwohl soweit nachgab, als nöthig war, um offenen Widerstand zu vermeiden; sie liess sich die friesischen Namen nennen, trug aber Heiligennamen anstatt derselben in die Register ein und zwar jedesmal denjenigen Heiligennamen, der nach Ansicht des betreffenden Priesters dem aufgegebenen friesischen Namen am meisten entsprach, sei es dem Klange oder dem vermeintlichen Sinne nach. Darin waren natürlich die Ansichten sehr verschieden, und es kam also leicht vor, dass derselbe Friese bei seiner Geburt unter einem ganz anderen Namen in den Registern erschien als derjenige war, unter dem er bei seinem Tode abging. Broer z. B. wurde nach dem Klange als Willebrodus eingeschrieben, nach dem vermeintlichen Sinne als Germanus oder Frater; Seger nach dem Klange als Segerus oder als Sigibertus, nach dem vermeintlichen Sinne als Modestus oder auch als Victor.

Zuletzt wurde dieser Namenparalellismus des Volkes und der Kirche in ein System gebracht. Man findet hinter dem Rituale Romanum contractum et abbreviatum in usum Sacerdotum Missionum Hollandiae zwei alphabetische Namenlisten unter dem Titel: nomina vernacula Hollandorum et Frisiorum adjunctis nominibus sanctorurn quae per illa significantur, welche durch Antonius a Nessei, librorum censor, Pastor zu Einden, genchmigt sind. Sie sind wahrscheinIich im Anfange des 18. Jahrhunderts durch einen friesischen Priester, der sich P. L. S. zeichnete, verfasst und ordnen das hergebrachte als Regel und Richtschnur für die Zukunft. Wie die obigen, ihnen entnommenen Beispiele zeigen, lassen auch sie der Auffassung des einzelnen Priesters noch grossen Spielraum.

Unter den Regeln, die der Verfasser giebt, lautet eine: Ad nomina Sanctorum Novi Testamenti accommudare oportet, si ficri potest. Hacretici econtra tamen malunt nomina Veteris Testamenti. Si autem sint tam exotica nomina, ut clarum sit, gentilum esse aut ficta, rejici debent, et nomina sancti assumi vicina. (J. Winkler nach Halbertsma, im Auszuge).

Für die französischen Behörden war der Name lediglich eine untrügliche Marke, dem einzelnen Menschen anzuheften, um ihn unter keinen Umständen aus den Augen verlieren zu können. Ausserdem war das französische Volk sowohl wie die Regierung, auf dem unschuldigen Gebiete der Namen nicht weniger als überall sonst, jedem eigenthümlichen Stammesgepräge feindlich. Beschnittene Taxushecken sagten ihnen zu, nicht freier Baumwuchs. Die Verordnung der Präfectur lautet wie folgt:

Extract
aus dem Register der Beschlüsse der Präfectur
vom 23. September 1811.
Der Präfect des Departements der Ost-Ems.

Nach Ansicht des 1. Artikels des Gesetzes vom 11. Germinal des 11. Jahres, verbunden mit den Kaiserlichen Decreten vom 20. Juli 1808 und 18. August 1811, wovon der Inhalt folgt:

              Art. 1 des Gesetzes vom 11. Germinal des 11. Jahres.
Von der Bekanntmachung des gegenwärtigen Gesetzes an zu rechnen, sollen nur allein die Namen, welche in den verschiedenen Kalendern befindlich, sowie diejenigen, welche von Personen aus der alten Geschichte bekannt sind, als Vornamen bei den Registern vom Civilstande, welche bestimmt sind, die Geburt der Kinder nachzuweisen, angenommen werden, und es ist den öffentlichen Beamten untersagt, einen einzigen andern dazu in ihren Listen anzunehmen.
                  Kaiserliches Decret vom 20. Juli 1808.
          Napoleon, Kaiser der Franzosen, König von Italien, Beschützer des Rheinbundes;
Auf den Vortrag Unseres Ministers des Innern, Nach Anhörung Unseres Staats-Raths, haben wir beschlossen und beschliessen was folgt:

Art. I. Diejenigen Unterthanen unseres Kaiserreichs, welche sich zum Hebräischen Gottesdienst bekennen und welche bis jetzt keine Familien-Namen oder bestimmte Vornamen haben, sind verbunden, selbige in den ersten 3 Monaten nach der Bekanntmachung dieses [)ecrets anzunehmen und davon bei den Beamten des Civilstandes der Commune, in der sie wohnen, Anzeige zu thun.

II. Auswärtige Juden, welche sich in unserem Kaiserreich niederlassen und sich in dem bei Art. I beschriebenen Fall befinden, sind schuldig, das nämliche innerhalb der ersten 3 Monate nach ihrer Ankunft in Frankreich zu beobachten.

III. Als Familien-Namen sollen diejenigen nicht angenommen werden, welche aus dem alten Testament herrühren, auch kein Name einer Stadt. Als Vornamen können diejenigen, welche beim Gesetz vom 11. Germinal des 11. Jahres erlaubt worden, gebraucht werden.

IV. Die Consistorien, welche ein Register von den Juden ihrer Gemeinden machen, sind verbunden, den resp. Behörden darzuthun und zu beweisen, auf welche Art die in den vorhergehenden Artikeln gemachten Bestimmunngen befolgt sind.
   Sie sind gleichfalls verbunden, auf diejenigen Juden ihrer Gemeinde zu achten und davon der Behörde Anzeige zu thun, welche ihren Stamm verändert und sich dabei nicht nach den Bestimmungen des gedachten Gesetzes vom 11. Germinal des 11. Jahres gerichtet haben.

V. Von den Bestimmnngen des gegenwärtigen Decrets sind ausgenommen: Die Juden in unseren Staaten und die auswärtigen Juden, welche sich hier niederlassen, und bereits bekannte Namen oder Vornamen haben und erweislich gehabt haben, wenn sie auch aus dem alten Testament gezogen sind oder von den Städten, welche sie bewohnten, herrühren.

VI. Die im vorhergehenden Artikel gedachten Juden, welche ihre Namen und Vornamen behalten wollen, sind nichtsdestoweniger verbunden, davon Anzeige zu thun; nämlich: die Juden Unserer Staaten bei der Mairie der Commune, wo sie wohnen, und die auswärtigen Juden bei derjenigen, wo sie Vorhabens sind, sich niederzulassen; Alles in der beim ersten Artikel bestimmten Frist.

VII. Die Juden, welche den Vorschriften dieses Decrets in der bestimmten Zeit kein Genüge leisten, werden vom Grundgebiet des Kaiserreichs verwiesen: Diejenigen, welche in einer öffentlichen Acte oder bei irgend einer andern Handlung den Namen willkührlich verändern möchten, ohne sich nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 11. Germinal gerichtet zu haben, sollen gesetzlich und selbst den Umständen nach als Falsarien bestraft werden.

VIII. Unser Grossrichter, Minister der Justiz, sowie unsere Minister des Innern und des Gottesdienstes sind jeder, so weit es ihn angeht, mit der Ausführung dieses Decrets beauftragt.

(gez.) Napoleon.
Für den Kaiser,
der Minister Staats-Secretair:
(gez) Hugues B. Maret.

Kaiserliches Decret vom 18. August 1811.
Napoleon, Kaiser der Franzosen, König von Italien, Beschützer des Rheinbundes, Vermittler des Schweizerbundes etc.
Nach Ansicht Unseres Decrets vom 20. Juli 1808,

Nach Anhörung Unseres Staats-Raths,
haben Wir beschlossen und beschließen was folgt:

Art. 1. Diejenigen Unserer Unterthanen der Departements des vormaligen Hollands, der Rheinmündungen, der Scheldemündungen und des Arrondissements von Breda, welche bis jetzt keinen Familien-Namen und bestimmten Vornamen haben, sind verbunden, einen im Jahre der Publication des gegenwärtigen Decrets anzunehmen, und davon bei dem Beamten des Civilstandes der Commune, wo sie wohnen, Anzeige zu thun.

II. Die Namen der Städte können nicht als Familien-Namen angenommen werden. Als Vornamen können diejenigen genommen werden, welche durch das Gesetz vom 11. Germinal des 11. Jahres erlaubt worden.

III. Die Mairen, welche die Liste von den Einwohnern ihrer Commune machen, sind verbunden, zu erweisen und der Behörde anzuzeigen, dass den Bestimmungen der vorhergehenden Artikel nachgelebt ist. Sie sind gleichfalls verbunden, den Behörden diejenigen Einwohner ihrer Communen anzuzeigen, welche den Namen verändert haben, ohne den Bestimmungen des gedachten Gesetzes vom 11. Germinal des 11. Jahres unterworfen zu sein.

IV. Von den Bestimmungen dieses Decrets sind diejenigen Unserer Unterthanen in den Departements des vormaligen Hollands, der Rhein- und Scheldemündungen und des Arrondissements von Breda ausgenommen, welche bekannte Namen und Vornamen führen und erweislich gehabt haben, auch wenn gedachte Namen und Vornamen von Städten hergenommen sind.

V. Diejenigen Unserer in dem vorhergehenden Artikel erwähnten Unterthanen, welche ihre Namen und Vornamen behalten wollen, sind nichtsdestoweniger verbunden, davon Anzeige zu thun, nämlich die, welche in den gedachten Departements wohnen, vor der Mairie ihrer Commune, und die übrigen vor denjenigen, wo sie sich niederlassen wollen; alles in der beim ersten Artikel bestimmten Frist.

VI. Der Familien-Name, welchen der Vater oder in Ermangelung dessen, der väterliche Grossvater anzunehmen erklärt hat, und welcher ihm erhalten bleiben soll, wird allen Kindern gegeben, welche verbunden sind, ihn zu führen und bei allen Handlungen zu gebrauchen; und folglich begreift die Erklärung des Vaters, oder in Ermangelung desselben, des Grossvaters, die Kinder und Kindeskinder in sich, so wie den Ort ihrer Wohnung; und diejenigen Unserer Unterthanen, welche ihren Vater oder Grossvater noch am Leben haben, beschränken sich, zu erklären, dass sie existiren und wo sie wohnen.

VII. Diejenigen, welche den Vorschriften dieses Decrets in der bestimmten Frist keine Folge geleistet haben, und diejenigen, welche bei einer öffentlichen Handlung oder bei sonstigen Verbindichkeiten ihren Namen willkührlich verändert und ohne sich nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 11. Germinal des 11. Jahres gerichtet zu haben, werden nach den Gesetzen bestraft.

VIII. Unser Gross-Richter, Minister der Justiz und unser Minister des Innern sind mit der Ausführung dieses Decrets, welches im Gesetzes - Bulletin eingetragen werden soll, so weit, wie es jeden angeht, beauftragt.

(gez.) Napoleon.
Für den Kaiser,
der Minister Staats-Secretair:
Herzog Daru.

Beschliesst:

I.

Die Mairen der Communen des Departements, wo Juden wohnen, eröffnen zwischen hier und dem 1. October nächstkünftig ein durch den Präsidenten des Tribunals erster Instanz gestempeltes und paraphirtes Register, und doppelte Minuten, um darin alle Erklärungen aufzuzeichnen, welche ihnen in Gemässheit des 1. Art. des Decrets vom 18. August gemacht worden. Die Erklärungen werden folgendergestalt geschrieben:

Vor uns Maire der Commune . . ., Canton . . ., Arrondissement . . . ., des Departements der Ost-Ems, ist erschienen Moses . . . ., wohnend zu . . . ., welcher erklärte, dass er den Namen . . . . ., als Familien-Namen und als Vornamen den von . . . . . annehme, dass er . . Söhne und . . Töchter, . . . kleine Söhne <präfectorales deutsch für petits-fils (= Enkel)> und . . . kleine Töchter <präfectorales deutsch für petits-fils (= Enkelinnen)> habe, nämlich Aron . . . ., alt . . Jahre, wohnend zu . . . ., welchen er den Vornamen . . . . , Rebeca . . . ., alt . . Jahr, wohnend zu . . . . . . etc, Isaac . . . . , Sohn des Aron etc. und hat das Gegenwärtige mit Uns unterzeichnet

. . . . den . . . . . 1811.

Diese Vorschrift ist auch die nämliche für die Juden, welche in dem 4. Art. des Decrets begriffen sind, nur dass für das Wort "angenommen" - "erhalten" gebraucht wird.

Sie wird durch die Vormünder von Kindern befolgt, welche keinen Vater oder Grossvater haben.

II.

Die Mairen müssen den Inhalt dieses Decrets zur Kenntniss der Israeliten bringen, welche in den verschiedenen Communen ihrer Mairie wohnen, und sie zur Befolgung der Gesetzes - Vorschriften einladen.

III.

Die Mairen legen den Unter-Präfecten und diese dem Präfecten Rechenschaft von den Verrichtungen ab, welche ihnen nach dem 3. Artikel des Decrets vom 18. August aufliegen.

IV.

Der gegenwärtige Beschluss soll gedruckt werden, und sind die Unter-Präfects und Mairen mit der Ausführung desselben beauftragt.

Aurich, den 23. September 1811.
(gez.) Jannesson.
Für gleichlautende Abschrift,
der General-Secretair:
van Panhuys.



Nachdem der Herr Präfect eine Belehrung erhalten, erliess er folgende ergänzende Verordnung:

Nachdem der Präfect des Departements der Ost-Ems ein von dem Herrn Intendant des Innern unterm 16. d. M. erhaltenes Schreiben gelesen und näher erwogen bat, dass seine Untergebene glauben könnten: als wenn das unterm 23. September dem Beschluss des Präfects inserirte Decret vorn 18. August d. J. nur einzig und allein die Juden beträfe, so macht derselbe den Einwohnern des Departements hiermit bekannt, dass das vorerwähnte Decret eben so wohl auf jedes andere Individuum, welches keinen Familien-Namen oder bestimmten Vornamen bat, anwendbar ist, und dass folglich die in jenem Beschluss vom 23. September enthaltenen Vorschriften sich auf alle Personen ohne Unterschied der verschiedenen Glaubens-Bekenntnisse erstrecken, welche, falls ihnen keine Familien-Namen oder bestimmte Vornamen beigelegt sein möchten, verpflichtet sind, dergleichen nach Inhalt des erwähnten Decrets anzunehmen.

Die Herrn Unterpräfects der Arrondissements Emden und Jever, so wie die resp. Herrn Maires im Arrondissement Aurich, sind ersucht, für die Ausführung dieser Verfügung Sorge zu tragen.

Aurich, den 22. October 1811.
Der Präfect.
Jannesson.

Das Gesetz vorn 11. Germinal des Jahres XI., auf welches Bezug genommen wird, lautet vollständig wie folgt:

Loi relative aux Prénoms et changements de Noms.

Du 11 Germinal.

Au Nom Du Peuple Français, Bonaparte, premier Consul, Proclame loi de la République le décret suivant, rendu par le Corps législatif le 11 germinal an XI, conformément à la proposition faite par le Gouvernement le 1er du même mois communiquée au Tribunat le lendemain.

Décret.

Titre Premier.

Des Prénoms.

Art. Ier. A compter de la publication de la présente loi, les noms en usage dans les différens calendriers, et ceux des personages connus de l'histoire ancienne pourrout seuls être reçus comme prénoms, sur les registres de l'état civil destinés à constater la naissance des enfans; et il est interdit aux officiers publics d'en admettre aucun autre dans leurs actes.

II. Toute personne qui porte actuellement comme prénom, soit le nom d'une familie existante, soit un nom quelconque qui ne se trouve pas eompris dans la désignation de l'article précédent, pourra en demander le changement en se conformant aux dispositions de ce même article.

III. Le changement aura lieu d'après un jugement du tribunal d'arrondissement, qui prescrira la rectification de l'état civil.

Ce jugement sera rendu, le commissaire du Gouvernement entendu, sur simple requête présentée par celui qui demendera le changement, s'il est majeur ou émancipé, et par ses père et mêre ou tuteur, s'il est mineur.

Titre II.

Des changements de Noms.

IV. Toute personne qui aura quelque raison de changer de nom en adressera la demande motivée au Gouvernement.

V. Le Gouvernement prononcera dans la forme proscrite par les réglements d'administration publique.

VI. S'il admet la demande, il autorisera le changement, de nom par un arrêté rendu dans la même forme, mais qui n'aura son exécution qu'après la révolution d'une année, à compter du jour de son insertion au Bulletin des lois.

VII. Pendant le cours de cette année, toute personne y ayant droit sera admise à présenter requète au Gouvernement pour obtenir la révocation de l'arrêté autorisant le changement de nom, et cette révocation sera prononcée par le Gouvernement, s'il juge l'opposition fondée.

VIII. S'il n'y a pas eu d'oppositions, ou si celles qui ont été faites n'ont point été admises, l'arrêté autorisant le changement de nom aura sou plein et entier effet à l'expiration de l'année.

IX Il n'est rien innové, par la présente loi, aux dispositions des lois existantes relatives aux questions d'état entraînant changement de nom, qui continueront à se poursuivre devant les tribunaux dans les formes ordinaires.

Collationné à l'original par nous président et sécrétaires du Corps législatif. A Paris, le 11 Gerininal, au XI de la République française.

Signé Girard (de l'Ain), président; Bazoche, Latour-Maubourg, Lefranc, Hte Monseignat, sécrétaires.

Soit la présante loi revêtue du sceau de l'Etat, insérée au Bulletin des lois, inscrite dans les régistres des autorités judiciaires et administratives, et le grand-juge, ministre de la justice, chargé d'en surveiller la publication.

A Paris, le 21 Germinal, en XI de la République.
Signé Bonaparte, premier Consul.
Contre-signé le sécretaire d'état,
Hugues B. Maret.
Et scellé du sceau.
Vu. Le grand-juge, ministre de la justice, signé Regnier.



Die französische Herrschaft dauerte noch zwei Jahre; lange genug, um die Ausführung dieser Verordnungen zu sichern. Unzweifelhaft haben auch in vielen Gemeinden die Leute damals Familiennamen angenommen - auf dem Papiere. Im Uebrigen aber war die Stammesneigung stärker als das Gesetz: sie wurden vergessen, wo nicht die Lebensverhältnisse ihren öfteren Gebrauch erforderlich machten.

Im Jahre 1826 ersah das hannoversche Ministerium aus einem Visitationsberichte des Landdrosten von der Wisch zu Aurich, "dass die Landleute und geringen Leute in den Städten in Ostfriesland auf die Erhaltung ihrer Familiennamen wenig halten, vielmehr willkürlich damit wechseln." Dies veranlasste folgende Verordnung:

Verordnung,

die Erhaltung der Familien-Namen in Ostfriesland betreffend.

Georg der Vierte, von Gottes Gnaden König des vereinigten Reichs Grossbritannien und Irland etc., auch König von Hannover, Herzog von Braunschweig und Lüneburg etc.

Demnach zu Unserer Bemerkung gekommen ist, dass in Unserm Fürstenthum Ostfriesland nicht allgemein auf die Erhaltung der Familiennamen genugsam gehalten, sondern damit hin und wieder willkührlich gewechselt wird, hieraus aber mannichfaltige Verwirrungen und Ungewissheiten entstehen: so finden Wir uns gnädigst bewogen, hiemit zu verordnen und festsetzen,

dass ein jeder einen Stamm- oder Familiennamen künftighin führen, auch den Namen, den er jetzt hat, behalten, und ohne ausdrückliche Genehmigung Unseres Cabinets-Ministerii denselben willkührlich abzuändern nicht berechtigt sein soll, so wie auch die Söhne jederzeit denjenigen Familiennamen beibehalten müssen, welcher von ihrem Vater geführt wird.

Wir erwarten, dass dieser Vorschrift auf das pünktlichste werde Folge geleistet werden, und befehlen sämmtlichen obrigkeitlichen Behörden, darauf, dass solches geschehe, sorgfältigst zu achten.

Hannover, den 22. Mai 1826.
Kraft Seiner Königl. Majestät Allergnädigsten
Special-Befehls.
Adolphus Frederick.
Bremer. Arnswaldt. Meding. Ompteda.

Damit dies nicht bloss auf dem Papiere stehen bliebe, veranlasste die Landdrostei Aurich im Februar 1827 das Consistorium, die Prediger anzuweisen, bei Eintragungen in die Kirchenbücher stets auf die richtige Angabe der Familiennamen zu achten, auch die Lehrer anzuweisen, darauf zu halten, dass die Kinder in den Schulen stets den Familiennamen ihres Vaters ihren eigenen Personennamen hinzufügten.

Die Antwort des Consistoriums giebt zu bedenken, dass die Leute zu dem Ende doch zuvor Familiennamen angenommen haben müssten, sie macht auf die durch die französische Praefectur ergangene, anscheinend in Vergessenheit gerathene Verordnung aufmerksam und fügt hinzu: "Manche haben zwar in Folge derselben einen Namen gewählt, aber selbst von diesen haben viele wieder damit gewechselt. Durch die Verordnung vom 22. Mai 1826 sind nun zwar die bestehenden Familiennamen gesichert, aber in den weit zahlreicheren Fällen, wo ein solcher noch nicht gewählt ist, fehlt es an einem festen Familiennamen. Selbst nach der Verordnung vom 22. Mai 1826 dürften wohl nur wenige Wahlen der Art getroffen sein. Es dauert noch immer der alte Zustand fort, nach welchem die meisten Personen auf dem Lande zwar mehrere Namen führen, solche auch auf ihre Kinder vererben, aber jedes Mal in umgekehrter Ordnung, zumal bei jüngeren Söhnen wiederum mit andern Namen, welche dann gleichfalls abwechseln, verbunden." Man wisse also nicht, was man als Familiennamen betrachten solle. Einen Familienvater aber bei Gelegenheit einer Eintragung in die Kirchenregister aufzufordern, einen Familiennamen zu wählen, erscheine bedenklich.

Am 18. Decbr. 1827 berichtete die Landdrostei in Folge dessen an das Ministerium, die französische Verordnung werde wohl zur Ausführung gelangt sein, aber man müsse annehmen, dass seitens vieler von den gewählten Namen kein Gebrauch gemacht, sondern zu alter Gewohnheit zurückgekehrt sei. Um sieh darüber zu vergewissern, ging ein Rundschreiben an alle Behörden wie folgt:

Bei Publication des Kaiserlichen Decrets vom 18. August 1811, wodurch den Unterthanen in den holländischen Departements die Annahme von Familien - Namen zur Pflicht gemacht wurde, sind durch die Bekanntmachungen der hiesigen Präfectur vom 23. September und 22. October 1811 sämmtliche Mairien in den Departements der Ost-Ems zur Aufstellung der vorgeschriebenen Register aufgefordert worden. Wir bezweifeln nicht, dass dieser Aufforderung damals ein Genüge geschehen sei, obgleich sich in Unserer Registratur keine zuverlässige Nachrichten haben ausmitteln lassen wollen. Inzwischen ist zur gehörigen Befolgung der Verordnung über die Erhaltung der Familien-Namen in Ostfriesland vom 22. Mai 1826 erforderlich, dass die im Jahre 1811 aufgenommenen Register wieder zur Hand genommen und vervollständigt, oder falls die alten Register nicht ausfindig zu machen sein möchten, deren neue aufgenommen, und diejenigen Hausväter, welche etwa bis jetzt noch keine Familien-Namen führen, zur Annahme eines solchen aufgefordert werden.

Aurich, den 18. December 1827.
Königl. Grossbrittanisch-Hanoversche Landdrostei.
(gez.) von der Wisch.

Die Antworten berichten, dass die Register theils nie angefertigt, theils sehr ungenau ausgeführt, theils verschwunden seien. Nur wenige waren erhalten. Folgendes aus den Berichten der Unterbehörden ist von allgemeinerem Interesse: Das Amt Greetsiel schreibt der Landdrostei vom 2. Februar 1826: "Es wird mit Strenge darauf gehalten werden müssen, dass jeder seinen eingetragenen Familien-Namen auch gebrauche, namentlich bei Steuerbeschreibungen und bei gerichtlichen Verhandlungen seinen eigentlichen Namen angebe, dann dürfte es auch den Predigern nachdrücklich zur Pflicht zu machen sein, bei Parochialhandlungen die richtigen Namen in die Register einzutragen, da die Erfahrung lehrt, dass sie bis jetzt nicht die mindeste Aufmerksamkeit darauf verwandt haben.

Ebenfalls scheint es uns zu Unordnungen und Irrungen zu führen, wenn, wie fast beständig geschieht, den Kindern weiblichen Geschlechts in der Taufe als zweiter Vorname ein männlicher Name oder eine Corruption eines solchen beigelegt wird. Es dürfte daher auch dieser Gebrauch zu verbieten sein."

Diese Bemerkung des Amts Greetsiel zielt auf die Gewohnheit, ganz unabhängig von dem gesetzmässig angenommenen Familien-Namen, die alte Namengebung beizubehalten, mit der Lockerung wohl, dass nicht bei allen Kindern der Name des Vaters im Genitiv oder mit der Endung -sen dem Personennamen zugesetzt wurde, sondern dass auch andere Namen, aus der Familie entlehnt, dazu dienten, z. B.:

            Vater: Poppe Garrels (Voskamp);
            Mutter: Jelske Eissen (Blaumpot).
                    Väterlicherseits:
            Grossvater: Garrelt Poppen (Voskamp);
            Grossmutter: Almuth Brechters (Janssen).
                    Mütterlicherseits:
            Grossvater: Eisse Djurken (Blaumpot);
            Grossmutter: Reinste Rigts (Staal).
                    Kinder:
            Garrelt Poppen (Voskamp),
            Gela Rigts (Voskamp),
            Hebe Djurken (Voskamp),
            Hiema Brechters (Voskamp),
            Eisse Garrels (Voskamp).

Diese Gewohnheit wird noch weiterhin durch das Amt Stickhausen hervorgehoben und ist bis heute vielfach festgehalten.

Das Amt Greetsiel fährt dann fort: "Sowohl bei den weiblichen als bei den männlichen Namen ist es allgemein gebräuchlich, sie zu corrumpiren und dadurch tagtäglich allerlei neue sonderbare Namen zu bilden. Auch dagegen möchte einzuschreiten sein."

Es erfolgte nun ein weiteres Anschreiben der Landdrostei Aurich:

Da Unser Circular-Rescript vom 18. Dezbr. 1827 Nr. 11309 nicht den gehofften Erfolg gehabt hat, indem die im Jahre 1811 aufgestellten Listen über die damals angenommenen Familien-Namen sich entweder überall nicht, oder doch nur unvollständig haben ausmitteln lassen wollen; so hat das Königl. Cabinets-Ministerium mittelst Rescripts vom 27. v. M. verordnet, dass bei allen Obrigkeiten neue Register über die angenommenen Familien-Namen nach dem angeschlossenen Formular aufgestellt und dabei nachstehende Grundsätze befolgt werden sollen, um die Erreichung des bei der Verordnung vorn 22. Mai 1826 beabsichtigten Zwecks zu sichern:

1. In jeder Familie hat der gegenwärtig lebende, älteste männliche Ascendent den bisher geführten und künftig unabweichlich beizubehaltenden Stamm-Namen in das Register eigenhändig einzutragen, oder im Falle der Schrei bens-Unkunde in seiner Gegenwart durch die Obrigkeit eintragen zu lassen und seine Kinder, Enkel und übrigen Descendenten dürfen nur diesen Familien-Namen führen. Wenn bisher kein bestimmter Stamm-Namen von der Familie geführt ist, so hat der älteste jetzt lebende Ascendent solchen zu wählen.

2. Der Familien-Name muss der Reihefolge nach immer hinter den Vor- oder Tauf-Namen gesetzt und solches auch namentlich in allen öffentlichen Documenten beobachtet werden.

3. Aus den Registern sollen Auszüge für die einzelnen Kirchspiele gemacht und den Predigern mitgetheilt werden, um sich danach bei den Eintragungen in die Kirchenbücher und bei der Ausstellung von Geburts-, Confirmations-, Copulations- und Sterbe-Scheinen genau zu richten.

4. Nicht minder haben auch alle andere zur Aufahme öffentlicher Listen, Register, Urkunden u. s. w. berechtigte und verpflichtete Behörden und Personen nach dem richtigen Familien-Namen jederzeit zu forschen, im Zweifels-Falle aber bei der Obrigkeit des polizeilichen Wohnorts anzufragen und darauf zu halten, dass die Verordnung vom 22. Mai 1826 pünktlich befolgt werde. Endlich hat

5. ein Jeder, der künftighin eine Abänderung seines jetzt in die Register eingetragenen Familien-Namens oder einen Zusatz zu solchem wünschen sollte, solches seiner Orts-Obrigkeit anzuzeigen, und diese hat darüber an Uns zu berichten, damit Wir darüber in Gemässheit der Verordnung vom 22. Mai 1826 die Genehmigung des Königl. Cabinets - Ministeriums einholen können.

Der Magistrat hat nach diesen Bestimmungen das weiter Erforderliche wegen Aufstellung der Namens-Register. in den einzelnen Gemeinden zu veranlassen und demnächst aus solchen sorgfältig in der Registratur aufzubewahrenden Registern die ad Nr. 3 erwähnten Auszüge mitzutheilen und wollen wir über die Ausführung einer Berichtserstattung nach 6 Monaten entgegen sehen. Auch ist darauf zu halten, dass von den zur Aufnahme von Urkunden, Listen und sonstigen öffentlichen Verhandlungen berechtigten und verpflichteten Personen, namentlich von den Justiz-Commissarien, Notarien, Auctionatoren und Amtsunterbedienten die ad Nr. 2 und 4 gegebenen Vorschriften gehörig befolgt werden. Endlich versteht es sich von selbst, dass dieses Rescript auf die jüdischen Einwohner keine Anwendung findet, als welche erst neuerdings durch besondere Verfügungen zur Annahme von Familien-Namen angehalten worden sind.

Aurich, 4. November 1828.
Kgl. Grossbritannische Hannoversche Landdrostei.


Darauf berichtet u. a. das Amt Esens am 1. Juli 1829: "Die ganze Angelegenheit wird für die Amtseingesessenen von wenig Interesse sein, weshalb zu erwarten steht, dass Viele in dem Termine nicht erscheinen werden."

Ein zweites Ausschreiben der Landdrostei erfolgte:

Durch Unser Circular-Rescript vom 4. November v. J. Nr. 10389 und die unter demselbigen Dato erlassene Bekanntmachung ist nur die bleibende Annahme eines bestimmten Familien-Namens bezweckt worden.

Inzwischen hat das Amt Stickhausen bemerklich gemacht, wie bei den mehresten Landleuten der Gebrauch herrsche, dass jeder Sohn seinem eigenen Taufnamen noch den Taufnamen seines Vaters hinzusetze und letzteren vor den Familien-Namen führe, um dadurch die Abstammung und die Linie in der Familie näher zu bezeichnen, und es ist anheimgestellt worden, ob solches nicht noch allsdrücklich zu verbieten sei. Wir wollen hierüber in Beziehung auf § 2 des Publicandi vom 4. Nov. 1828 binnen 3 Wochen gutachtlichen Bericht anhero erwarten.

Aurich, 6. Oct. 1829.
Königl. Grossbrit. Hannoversche Landdrostei.
(gez.) von der Wisch.


Das Amt Esens berichtet darauf am 18. Oct. 1829: "Im hiesigen Amte sind Familien-Namen bisher nur in seltenen Fällen gebraucht. Der älteste Sohn erhielt gewöhnlich den umgekehrten Namen des Vaters. Hiess der Vater Sander Dirks, so hiess der Sohn Dirk Sanders. Oft nahm man auch auf den Namen des Vaters gar keine Rücksicht. Die Listen der Militairpflichtigen ergeben z. B., dass Hinrich Frerichs der Sohn von Wilke Janssen Remmers, dass Hinrich Janssen der Sohn von Christoffer Harms, dass Thade Mammen der Sohn von Berend Janssen ist. (In diesen Fällen scheint der eigentliche Familien-Name auch der Behörde schon wieder verloren gegangen zu sein, denn der Umstand, dass der zweite Name nicht mit dem Vornamen des Vaters stimmt, deutet darauf hin, dass ein solcher bestanden hat. In den ersten Fällen liegt er als Remmers vor.)

Es wird auch noch wohl eine geraume Zeit darüber hingehen, bis die Amtseingesessenen ihren Kindern solche Namen geben, wie sie in der übrigen Christenheit gebräuchlich sind; indessen wird schon viel gewonnen, wenn sie den ein Mal angenommenen Familien-Namen in Ansehung ihrer sämmtlichen Descendenz beibehalten müssen; sie mögen sodann noch eine geraume Zeit ihren Kindern die Taufnamen: Alt - Eme - Eilt - Focke - Jabbe - Habbe - Siebelt - Siut - Wessel etc. geben, so barbarisch dieselben auch manchem Ohr klingen mögen. Ein Gebrauch, wie er im Amte Stickhausen stattfindet, ist hier nicht bekannt".

Auch Gödens kennt diesen Gebrauch nicht. Die Aemter und Magistrate zu Leer, Jemgum, Greetsiel, Norden, Berrum und Esens berichten, dass derselbe Gebrauch, wie im Amte Stickhausen, auch bei ihnen herrsche. Einige sagen, er sei allgemein; Andere, er sei im Abnehmen; noch Andere, er sei nicht allgemein. Greetsiel berichtet, man hänge nicht grade immer dem Vaternamen im Genitiv den Familien-Namen vor, man nehme dazu auch andere von mütterlicher oder väterlicher Seite.

Der Magistrat zu Leer schreibt der Landdrostei: "Am 29. März 1829 haben wir die hohe Verfügung wegen Aufstellung der Familiennamen mittelst Trommelschlag den hiesigen Einwohnern bekannt gemacht." Es folgt die Klage, dass nur etwa die Hälfte derjenigen, welche verpflichtet waren, erschienen sei; man habe demzufolge am 26. October eine wiederholte Aufforderung unter Trommelschlag ergehen lassen, worauf zwar noch einige erschienen, viele aber weggeblieben seien; man bäte also um Erlaubniss, die Renitenten bei Strafe vorzuladen.

Am 22. Februar 1830 erfolgte ein Ministerialschreiben, welches bestimmte, dass Niemand berechtigt sein solle, sich ausser den bei der Taufe erhaltenen Namen noch willkührlich andere Vornamen beizulegen; eine dahingehende Bekanntmachung sei zu erlassen.

Anfragen der Unterbehörden gaben am 23. März 1830 Veranlassung zu einem Rundschreiben der Landdrostei, welches denselben mittheilte, dass Leute aus dem Althannöverschen nicht in die Register eingetragen werden brauchten, "weil bekanntlich in den übrigen Provinzen von jedem Einwohner ein bestimmter Familien-Name gefühhrt wird".

Die Register wurden nun überall angelegt und die Sache schien damit vollständig in Ordnung zu sein. Indessen man hatte ohne den Wirth gerechnet! Ein Schreiben des Consistoriums vom 22. Febr. 1855 machte die Landdrostei darauf aufmerksam, dass die Register über die Familien-Namen, aus welchen laut Verordnung vom 4. Nov. 1828 den Predigern Auszüge zugestellt. werden sollten, nur bei einem Theile der Gemeinden noch vorhanden und nirgend bis auf die Gegenwart fortgeführt seien. Man beantrage, sie durch die Obrigkeiten neu aufstellen zu lassen. Ein Bericht des Superintendenten Fischer zu Forlitz, den das Consistorium am 30. August l855 der Landdrostei einsandte, spricht sich so aus: "Die Verwirrung in Bezug auf unsere Fainiliennanien dauert noch fort. Da manche Personen gar keine Familiennamen führen und so lange sie nicht dazu angehalten werden, auch nicht führen wollen, so bleibt nichts übrig, als den Abstammungsnamen, welcher nach ostfriesischer Sitte der Vorname des Vaters ist, als Familiennamen in die Kirchenregister einzuschreiben Es ist bekannt, dass manche Kirchenbuchführer durch das Fehlen der Familiennamen oft in Verlegenheit gesetzt werden und genöthigt sind, sich zu helfen, so gut sie können.

Die Landdrostei erliess nun am 3. März 1855 ein Rundschreiben an alle Obrigkeiten, aus deren Antworten sich ergiebt, dass die Register allerdings nicht überall in Ordnung gehalten, an einzelnen Orten auf dem Lande sogar nie aufgestellt worden waren. Der Amtmann zu Wittmund berichtet: "Die Leute geben hier zu Lande meist nur ihre Vornamen an. Wenn ich z. B. ein Individuum frage: Wie heisst ihr? so antwortet dasselbe: Jan Lübben. Der Kerl heisst aber Jan Lübben Janssen. Es wäre sehr zu wünschen gewesen, dass den Ostfriesen im Jahre 1828 auch zugleich aufgegeben wäre, einen christlichen Vornamen zu führen."

Nun erschien folgende Verfügung:

Nach Einsicht der in Veranlassung Unseres Rescripts vom 3. März d. J. erstatteten obrigkeitlichen Berichte sehen Wir Uns veranlasst, in Beziehung auf die Erhaltung der Familien-Namen in Ostfriesland nunmehr das Folgende zu verfügen:

1. Die sämmtlichen Obrigkeiten haben entweder nach Massgabe Unseres Circular-Rescripts vorn 4. Nov. 1828 Nr. 10389 ein neues Register über die jetzt vorhandenen Familien-Namen aufzustellen, oder falls ein solches vorhanden, dasselbe bis auf die neueste Zeit zu vervollständigen.

2. Diejenigen Prediger oder Kirchenbuchführer, welche Auszüge aus jenen Registern in Händen haben, werden veranlasst werden, selbige den Obrigkeiten baldigst zukommen zu lassen, um dieselben zu vervollständigen. Für die übrigen Prediger oder Kirchenbuchführer, welche in dem anliegenden Verzeichnisse benannt sind, sind Auszüge anzufertigen und ihnen mitzutheilen.

Aurich, 24. October 1855
Königl. Hannoversche Landdrostei.
(gez.) Marschalk

Auf die Ausführung wurde genau gehalten und damit ruht seitdem die Sache.

Als unnütze Anhängsel, die nur vor Gericht und bei ähnlichen Gelegenheiten erforderlich sind, werden die Familien-Namen, auf dem Lande namentlich, auch jetzt noch vielerwärts betrachtet. Doch ist nicht zu verkennen, dass die Vielseitigkeit des modernen Lebens es weiteren und weiteren Kreisen nothwendig erscheinen lässt, sieh durch feste Familien-Namen zu unterscheiden, und das wird mehr helfen als Gesetze und Verordnungen.

Es ist nun nicht ohne Interesse, einen Ueberblick zu gewinnen über die Formen der Familiennamen, welche meist durch freie Wahl der Einwohner in älteren und jüngeren Zeiten, zu einem geringen Theile freilich auch durch Einwanderung entstanden sind Nach einer mir vorliegenden Sammlung der Herren Lehrer Willms und Coordes, welche ungefähr 2000 Familien-Namen umfasst, sind sie nach ihrer verschiedenen Art etwa in folgendem Verhältnisse vertheilt, wobei jedoch jeder Name nur ein Mal gezählt ist und nicht etwa der Familien-Name Janssen z. B. so viele Male als Individuen dieses Namens vorkommen. Unter 1000 Familien-Namen finden sich danach:

  1. von Personennamen im starken Genitiv gebildet
      (Bents, Fulfs, Esders, Cordes)                                                  123
 2. auf -man / -mann endigend (Ammermann, Luttman,
     Neddermann)                                                                            119
 3. von einem Amte oder Gewerbe hergeleitet (Imker,
    Trippemaker, Buhr, Müller, Meier)                                             105
 4. lateinisirte und graecisirte (Aizonius, Lubinus, Vietor,
     Mesander, Nicolai)                                                                     81
 5. auf -ing (Penning, Ohling, Sinningh, Zimmering)                            75
 6. von Personennamen im schwachen Genitiv gebildet
     (Lübben, Poppen, Röben)                                                           58
 7. von Ortsnamen mit vorgesetztem van gebildet (van
     Emden, van Letten, van Hove)                                                     51
 8. auf -inga, -unga, -enga endigend (Edelinga, Hayunga,
     Poppenga)                                                                                   32
 9 auf -na endigend (lkena, Gatena, Liursna)                                      30
10. von Thiernamen gebildet (Kat, Kiviet, Hase)                                25
11. auf -hoff endigend (Appelhoff, Inhoff, Iderhoff)                            24
12. von Würden und Titeln hergeleitet (Kaiser, Drost,Voogd)             21
13. unbestimmten Ursprungs (Schaa, Decknatel, Gembler)                 20
14. auf -ma endigend (Brinkma, Burma)                                             19
15. von Pflanzennamen hergenommen (Brahms, Bloem, Krödde)        17
16. auf -meier, -maier, -meyer, -mayer endigend (Granemeier,
     Ebermaier, Uhmeyer)                                                                    15
17. auf -barg, -berg endigend (Hasbargen, Radberg, Honsberg)         13
18. von Oertlichkeiten ohne vorgesetztes van hergeleitet
     (Bremer, Aper, Strackholder)                                                       13
                                                                                                     -------
                                                                                                        841

_Standesamt Rhaude ] [ Friesische Namen ] Vier Nachnamen in einer Familie ] Namensrecht ] Verordnung 1826 ] Verordnung von 1857 ]